27.10.2024, Der hohe Norden Alaskas

Am 23.08.2024 erreichten wir Fairbanks. Vier Tage später sollte auch mein Vater Adi in Fairbanks landen, um uns für 10 Tage zu besuchen. Zusammen wollten wir drei dann den hohen Norden Alaskas erkunden. Ziel war es über den Dalton Highway bis zum Beginn der Alaska Pipeline in Prudhoe Bay zu fahren. Auf diese Reise möchten wir Euch in diesem Beitrag gerne mitnehmen.

Während die Vorfreude auf die bevorstehende Zeit mit meinem Vater stieg, nutzten wir die vier verbleibenden Tage, um die Tour vorzubereiten. Außerdem halfen wir Sven und Torsten etwas bei Ihren To-Do’s, lernten die Schlittenhunde kennen und hatten eine gute gemeinsame Zeit. 

Vor allem die knapp 50 Schlittenhunde hatten unser Interesse geweckt, denn mit Torsten und Sven hatten wir zwei sehr erfahrenen Musher zur Seite, die uns einiges über das Dog Mushing beibringen können! Zudem sollten wir nach dem Besuch von Adi auch Peggy, Torstens Frau, kennenlernen dürfen, die nicht weniger Wissen über Schlittenhunde mitbringt. Alle drei haben schon bei großen Rennen hier in Alaska teilgenommen. 

Das Iditarod ist das längste Hundeschlittenrennen der Welt. 1973 startete das ca. 1800km lange Rennen zum ersten Mal in Alaska. Von Anchorage nach Nome brauchte der Rekordhalter 8 Tage, 3 Stunden und 40 Minuten. Sven und Torsten haben beide an diesem Rennen teilgenommen und es erfolgreich über die Ziellinie geschafft. Eine unglaubliche Leistung, vor der wir den Hut ziehen! Peggy nahm am Yukon Quest teil, welches kürzer, aber nicht weniger anspruchsvoll ist.

Die Tage bis zu Adis Ankunft gingen schnell vorüber und am 27.08 holten wir Ihn dann abends am Flughafen von Fairbanks ab. Der Alaska Airlines Flieger landete auf die Minute genau und das von Viki gemalte Willkommensschild war eine großartige Überraschung. 

Nach großer Freude und dem ersten gemeinsamen Alaskan Amber (Alt Style Bier) am Flughafen zur Begrüßung, machten wir uns gemeinsam auf den Weg zu unsere kleinen Cabin bei Sven. Sven selbst war leider zu diesem Zeitpunkt in seiner Cabin in Bettles und konnte Adi nicht in Empfang nehmen. Beide blieben aber über WhatsApp in Kontakt. 

Den ersten gemeinsamen Abend verbrachten wir damit, die Tour nochmals durchzusprechen und eine Einkaufsliste zu erstellen. Nach 3 Monaten auf Reise gab es natürlich auch einiges zu Erzählen. Adi hatte Glück, denn gleich in der ersten Nacht in Alaska fingen die Nordlichter an, über der Cabin zu tanzen! Was wir eine unglaubliche Begrüßung.

Am nächsten Tag fuhren wir gemeinsam Einkaufen. Bei Fred Meyer deckten wir uns für die nächsten 10 Tage ein, somit waren wir im Laden eine Weile beschäftigt. Wir entschieden uns nach dem Einkauf dann doch dazu, eine weitere Nacht in der Cabin zu verbringen, um dann am Folgemorgen zum Sonnenaufgang zu starten.

Den angebrochenen Tag nutzten wir, um den Van final zu packen, bevor wir ein kleines Lagerfeuer starteten und BBQ machten.

Da wir hier bei Sven Wifi hatten, konnten wir am Lagerfeuer noch gemeinsam meinen besten Freund und Trauzeugen Maurice anrufen und Ihm zum 30. Geburtstag gratulieren. Er hatte 2018 unteranderem geholfen, die Cabin zu bauen, in der wir übernachteten. In der Heimat stand also eine große Feier an, an der wir natürlich zu gern teilgenommen hätten!

Auch an diesem Abend durften wir die Nordlichter bewundern, bevor wir uns schlafen legten!

Am nächsten Morgen machten wir uns dann auf den Weg Richtung Norden, über den Dalton Highway.

Der Dalton Highway wurde im Jahr 1969 fertiggestellt und diente als Transportweg für Explorationen im North Slope des Landes. Für die Öffentlichkeit war diese Straße nicht freigegeben. Erst im Jahr 1981 durfte diese Straße frei genutzt werden. Auf den 666km von Fairbanks bis nach Deadhorse an der Beaufortsee gibt es wenig Tankstellen und Übernachtungsmöglichkeiten. Die Straße ist zum Großteil ungeteert und man trifft nicht viele Menschen auf der Reise. Eine abenteuerliche Fahrt. Nicht viele Touristen nehmen dieses Risiko auf sich und eine Mietwagenverleihe verbieten eine Fahrt auf der Strecke.

Unser Tagesziel war Coldfoot, am Fuße der Brooks Range. Für 275km sollte man gute 7 Stunden Fahrt einplanen. Nach 90km auf dem Highway überquerten wir den mächtigen Yukon River. Hier tankten wir nochmals voll, schauten uns die Pipeline an und informierten uns bei der Visitor Information über Wildlife Aktivitäten in der Gegend. 

Kurze Zeit später hielten wir an einem Stellplatz, an dem Adi und seine Freunde schon vor vielen, vielen Jahren mit dem Wohnmobil übernachtete hatten. Ich finde es bis heute faszinierende mit welcher Freude und Leidenschaft er seine Erinnerungen an vorherige Touren während der Fahrt mit uns teilt und uns erzählt, was die Truppe damals so angestellt hatte.

Außerdem hielten wir am Finger Mountain, einem markanten Felsen, der auf einer Erhöhung liegt und schon vor tausenden Jahren von Jägern genutzt wurde, um nach Beute Ausschau zu halten. 

Wenige Meilen nach dem Finger Mountain erreichten wir dann den Arctic Circle. Auch hier mussten wir selbstverständlich Bilder machen, denn so weit hoch in den Norden kommt man schließlich nicht alle Tage.

Eine Weile, bevor man Coldfoot erreicht, fangen die Berge der Brooks Range an und die Landschaft ist nicht mehr so weit, wie auf großen Teilen des bisher gefahrenen Highways. Hier sahen wir eine Elchkuh mit ihrem Nachwuchs am Straßenrand. Dies war tatsächlich die erste Wildlife Sichtung auf der Strecke. 

Am Nachmittag erreichten wir dann das Visitor Center in Coldfoot. Adi und ich kannten den kleinen Ort bereits, da unsere Touren in die Wildnis des „Gates of the Arctic Nationalparks“ von hier starteten. Für Viki war es Neuland uns so fuhren wir durch die wenigen Straßen Coldfoots, bevor wir unser Nachtlager auf dem Marion Creek Campground etwas außerhalb bezogen. 

In Coldfoot selbst gibt es nur wenige Häuser. Etwa 30 Einwohner leben hier oben. Zudem gibt es eine Tankstelle, die gleichzeitig Saloon, Motel, Werkstatt und Truckstop ist. Außerdem gibt es einen Flugplatz und ein Visitor Information Center. 

Am Abend machten wir einen kleinen Spaziergang und ein schönes Lagerfeuer. Außerdem beschlossen wir, dass wir gleich am nächsten Tag weiter in den Norden über den Atigun Pass in den North Slope Alaskas fahren wollten, denn die Wettervorhersage war eher mittelmäßig und wir wollten so weit hoch wie möglich, bevor das Wetter uns ein Strich durch die Rechnung macht.

An Tag 86 hatten wir die Halbzeit unserer Reise erreicht und der Tag startete mit einem Frühstück am Lagerfeuer. Es war ein kalter, aber schöner Morgen. Nachdem wir frühstückten und den Van gepackt hatten, machten wir uns weiter auf den Weg Richtung Norden.

Adi war vor vielen Jahren schonmal am Galbraith Lake, im North Slope. Für mich war alles nördlich von Coldfoot Neuland und für Viki ebenso. 

Schon bald erreichten wir die Sukakpak Mountains, wo wir die erste Pause einlegten. Die Landschaft war ein Traum und mir war nicht bewusst, dass es so kurz hinter Coldfoot so unglaublich schön ist! In meinen Augen eine der schönsten Gegenden, die ich von Alaska bisher gesehen hatte. Kurz bevor wir weiterfuhren, konnten wir noch eine seltene Sperbereule beobachten und fotografieren. Hier durfte ich die ersten „vernünftigen“ Bilder einer Eule schießen, was mich sehr freute.

Nach einer Weile erreichten wir den Atigun Pass, den höchsten Pass Alaskas, und somit auch das North Slope Borough. Der Pass hat eine Höhe von 1415m und durchquert eine atemberaubende Berglandschaft. Als wir den Pass überquerten lag dort schon Schnee und wir waren froh, dass wir mit dem Van keine Probleme hatten. Für uns war der Pass ein Meilenstein und gefühlt begann hinter diesem Pass eine neue Welt, die wir erkunden wollten. 

Als wir den Pass hinter uns ließen, fuhren wir noch eine ganze Weile in Begleitung der hohen Berge, bevor diese langsam, aber sicher ausklangen. Wir näherten uns also der Tundra. Am Nachmittag erreichten wir dann den Galbraith Lake. Dort bezogen wir unser Nachtlager auf einem wild angelegten Campground. Es war sehr kalt (-5°C). Wir wanderten noch zum Ufer des Sees und hielten nach Moschusochsen Ausschau, die wir unbedingt sehen und fotografieren wollten. 

Zurück im Camp machten wir ein großes Feuer und lecker essen. Ohne das Feuer wäre es ganz schön streng geworden. Es fing dann langsam an dunkel zu werden und es war keine Wolke am Himmel. Lediglich am nördlichen Horizont konnte man eine Wolkenwand sehen. Wir machten uns aber keine Gedanken darüber, denn diese Wand war viel zu weit weg, um uns einen Strich durch die Rechnung mit den Nordlichtern machen zu können.

Während wir da am Lagerfeuer standen, suchten wir nach dem ersten Stern am Himmel. Wer den ersten Stern entdeckte, durfte eine beliebige Anzahl Schlücke von unserem feinen „Drambuie“ an die Verlierer verteilen. So durften Viki und Adi 3 große Schlücke genießen. Ein bisschen Spaß und Spinnerei gehörte schließlich auch dazu!

Nach dieser doch sehr witzigen Partie sahen wir tatsächlich die ersten Nordlichter über den Bergen tanzen. Wir konnten unser Glück kaum fassen, bis etwas geschah, was keiner von uns je zuvor gesehen hatte. 

Die Wolkenwand, die schier unendlich weit weg schien, erreichte uns wenige Minuten, nachdem die Nordlichter begannen. Innerhalb kurzer Augenblicke zog dieser Eisnebel in das Tal um den Galbraith Lake und wir konnten keine 30 Meter weit mehr sehen. 

Zu diesem Zeitpunkt kamen wir uns ziemlich veräppelt vor. Der Nebel war eiskalt und wenig später waren Tisch und Bänke von einer Eisschicht übersehen. Wir hatten schon mit dem Abend abgeschlossen, als sich für ca. 15 Minuten ein Fenster in der Nebelwand auftat und wir doch noch die Aurora sehen konnten, bevor der Nebel erneut über uns zog und wir schlafen gingen. 

Eine eiskalte Nacht wurde von einem kalten Morgen abgelöst. Wir stärkten uns mit einem warmen Kaffee und räumten im Anschluss unsere Sachen zurück in den Van. Während es leicht anfing zu schneien, machten wir uns auf den Weg Richtung Pumpstation 3 der Alaska Pipeline. Von mehreren Rangern hatten wir uns sagen lassen, dass man dort gute Chancen hat, die Moschusochsen in Straßennähe sehen zu können. Die Fahrt war, ohne funktionierende Klimaanlage, nicht sehr angenehm.

Niemand von uns hatte bisher Ochsen in freier Wildbahn sehen dürfen, daher hofften wir sehr auf eine mögliche Begegnung. Die Tiere sind Bewohner der arktischen Tundren und ursprünglich nur noch in Grönland, Kanada und Alaska zu finden. In Nordsibirien, Norwegen und Schweden wurden kleinere Herden der Paarhufer wieder erfolgreich angesiedelt.

Wir fuhren also weiter Richtung Norden. Die Tundra hatten wir uns nicht so vorgestellt, wie wir sie während der Fahrt sahen. Sie ist nicht einfach nur flach und langweilig. Die Berge werden zu Hügeln, je weiter man in den Norden kommt. 

Tundra, oder auch Kältesteppe, ist der Begriff für die Offenlandgebiete der polaren Klimazone. Es ist eine baumfreie Landschaft über Permafrostböden, die je nach Typ von Moosen, Flechten, Gräsern und Zwergsträuchern dominiert wird. 

Während wir der einzigen Straße nach Prudhoe Bay, dem Dalton Highway, folgten, besprachen wir unseren Plan für die nächsten Tage. Das Wetter sollte im North Slope nicht besser werden und uns war klar, dass der Van für einen frühen Wintereinbruch nicht gerüstet war. Nach einem kurzen Blick auf den Wetterbericht beschlossen wir, dass wir nach der Pumpstation 3 umkehren und zurück, über den Atigun Pass, nach Coldfoot fahren. Unser einziges Ziel dort oben waren also „nur“ die Ochsen.

Wir erreichten unser nördlichstes Ziel der Reise (68,63446°N, 149,52794°W) gegen Mittag, nachdem wir durch eine wunderschöne Landschaft fuhren. Leider hatten wir bis zu diesem Zeitpunkt kein einziges Tier sichten können, weshalb wir uns dazu entschieden, noch ein paar Minuten weiterzufahren. Wir suchten mit dem Fernglas, hielten alle paar Meter an und gaben letztendlich auf. Kein Moschusochse für uns. Wir drehten um. 

So ganz starb die Hoffnung allerdings in diesem Moment noch nicht, denn die Tiere halten sich durchaus auch weiter südlich, auf der Höhe des Atigun Pass, auf. 

Den Pass erreichten wir am frühen Nachmittag. Er war sowas wie unser „Safepoint“. „Sind wir über den Pass, kann uns das Wetter nichts mehr anhaben“, sagten wir uns. Leider war mit der Überquerung des Passes auch die Hoffnung auf die Ochsen dahin. Zu gern hätten wir Fotos von den Tieren geschossen. So haben wir aber einen weiteren Grund, um irgendwann wieder zu kommen!

Auf dem Weg nach Coldfoot hielten wir erneut oft am Straßenrand, um Fotos von der unglaublichen Landschaft der Brooks Range zu schießen. Hier waren wir wirklich sehr beeindruckt von der Schönheit des Landes.

Am Zielort angekommen, suchten wir uns erneut einen Schlafplatz auf dem Marion Campground, auf dem wir schon auf dem Hinweg übernachtet hatten. Wie jeden Abend bereiteten wir das Lagerfeuer und Abendessen vor, tranken unser Kaltgetränk und ließen den Tag Revue passieren. Während wir dort vorbereiteten, besuchte uns ein Schneehuhn, welches direkt auf unserem Grill landete. Was es uns damit wohl sagen wollte? Als einzige Vogelart tauschen Schneehühner ihr braunes Sommerkleid gegen ein schneeweißes Winterkleid. Bei diesem konnte man die ersten leichten Ansätze des Wintergewandes sehen. 

Es war wahrlich wieder ein toller Tag, der tatsächlich erneut mit Nordlichtern am Sternenhimmel endete. 

Am 01.09.2024 starteten wir morgens, nachdem wir in Ruhe gefrühstückt hatten, eine Wanderung. Das Wetter war klasse und die Stimmung war ebenfalls super. Wir wanderten erst zu den Marion Creek Falls. Nach all den Meilen im Van tat die Bewegung sehr gut. Die Landschaft war malerisch und die Herbstfarben wurden von Tag zu Tag intensiver. 

Nach ungefähr einer Stunde erreichten wir die Wasserfälle und legten eine Pause ein. Nachdem wir etwas getrunken hatten, schauten wir uns die Berge der Umgebung an und suchten nach möglichen Routen zum Gipfel. Da uns kein Wanderweg bekannt war und es ziemlich sicher auch keinen gab, mussten wir uns selbst einen Weg kreieren. Auch die Namen der Berge waren uns nicht bekannt. Ich finde, dass macht das Ganze umso spannender! Wer weiß, ob oder wie viele Menschen vorher auf einem der Berge waren, die wir gerade vor uns hatten?

Die Berge waren nicht sonderlich hoch, hier war also sprichwörtlich der Weg das Ziel.

Wir legten uns auf den „Hausberg“ des Campground fest. Es war anstrengend und steil, aber die Route, die wir uns aus dem Tal aus zurechtgelegt hatten, funktionierte gut. 

Oben angekommen hatten wir einen großartigen Blick über das vor uns liegende Tal. Sogar Coldfoot und die Landebahn von Coyote Air, von denen wir in den Jahren in den Gates of the Arctic Nationalpark geflogen wurden, konnte man sehen. 

Wir nahmen uns reichlich Zeit für Fotos und bauten ein kleines Gipfelkreuz. 

Während dem Abstieg fanden wir tatsächlich noch ein altes Geweih eines Caribous, welches wir mitnahmen. Bergab geht es bekanntlich schneller, als Bergauf und so kamen wir nach 10,5km wieder an unserem Van an. Eine geniale Wanderung! Da wir alle nun mehrere Tage ohne Dusche und nassgeschwitzt waren, fuhren wir nach Coldfoot, um uns dort zu waschen. Für 14$ wurde uns dort ein ganzes Zimmer zu Verfügung gestellt, wobei dies schon ziemlich heruntergekommen war. 

Nach der Dusche aßen wir noch im gegenüberliegenden Restaurant, bevor wir zurück zum Campground fuhren und den Abend erneut unter Nordlichtern am Lagerfeuer ausklingen ließen. Wir hatten so ein unglaubliches Glück mit den Lichter!

Die Nacht war wieder sehr kalt und am nächsten Morgen beim Frühstück schmiedeten wir einen neuen Plan. Das Wetter in Coldfoot konnte nicht ewig schön bleiben und wir hatten die Zeit sehr gut genutzt. Wir wären noch zwei weitere Nächte dortgeblieben, wenn wir eine Unterkunft gefunden hätten. Da die Airbnb Cabins in Wiseman, einen Ort weiter, aber leider ausgebucht waren, entschieden wir uns für einige Meilen mehr.

Unser nächstes Ziel war das Denali Borough. Während des Indian Summers sind der Denali Highway, den Viki und ich zuvor schon fuhren und der Denali Nationalpark einfach eine Wucht! Die Herbstfarben sind unschlagbar und man sieht, nahezu garantiert, Elche.

Der einzige Nachteil an diesem Vorhaben waren die Kilometer. Insgesamt über 650km legten wir an diesem und an dem darauffolgenden Tag zurück, bis wir am Nachmittag des 03.09 unseren Schlafplatz am Denali Highway erreichten. Dieser Schlafplatz war vermutlich der schönste unserer kompletten Reise (63,25678°N, 147,82265°W).

Wir saßen an diesem Abend sehr lange am Lagerfeuer, hatten einen schönen Sonnenuntergang und eine großartige Sicht auf die Alaska Kette. Wir hofften auf Nordlichter, hatten allerdings kein Glück, bis wir schlafen gingen. 

Als Adi dann aber gegen 4 Uhr morgens vor die Tür musste, weckte er uns, weil er die Lichter über der Alaska Range tanzen sah. Ich fotografierte bis kurz vor Sonnenaufgang. Leider waren die Lichter nicht sehr stark, aber das Szenario war unglaublich! Auf der linken Seite kam mehr und mehr Sonnenlicht über die Gipfel, während auf der rechten Seite noch die Nordlichter funkelten. Atemberaubend schön! 

Am darauffolgenden Vormittag verließen wir unseren Schlafplatz bei Regen und fuhren Richtung Denali Nationalpark. Auf dem Weg dorthin wärmten wir uns bei einer kurzen Pause in einer Tankstelle mit warmen Getränken auf. Es war ein kalter, regnerischer Tag in Alaska. 

Im Visitor Center des Parks angekommen, nutzten wir das Wifi, um nach Unterkünften in der Gegend zu suchen. Wir wollten 2 Nächte bleiben und wurden über Airbnb nach langer Suche auch fündig. Ein schönes, kleines Häuschen in Healy bot uns für zwei Nächte ein Dach über dem Kopf. Heizung und Bett waren Luxus pur und die Freude war groß.

Die meisten Cabins, die wir persönlich vor Ort anfragten, waren sehr teuer oder schon geschlossen. Mitte bis Ende September endet hier in Alaska für viele die Saison. Einige Geschäfte schließen komplett und müssen ihr Geld somit in 4 Monaten verdienen. Einige Leute verbringen den Winter in wärmeren Ländern, oder in den „Lower 48“, andere steigen auf ihr Winterbuisness um. 

Von unserer Unterkunft waren es ca. 15 Minuten Fahrt bis zum Parkeingang, wo wir die meiste Zeit verbrachten. Wir richteten uns mittags in der Unterkunft ein und machten einen Powernap, bevor wir abends zum Sonnenuntergang nochmal im Nationalpark unterwegs waren. 

Wir hatten Glück und sahen viele Elche. Kühe, aber auch Bullen ließen sich an diesem Abend blicken und ich durfte eines meiner Wunschfotos schießen – Ein Elchbulle in der vom Indian Summer gefärbten Landschaft Alaskas. 

Nach einem schönen Sonnenuntergang kamen wir im Dunkeln an unserer Unterkunft an und holten reichlich Schlaf nach, sodass wir am nächsten Tag erst gegen halb 12 Uhr loskamen. Zur Mittagszeit ließen sich nicht viele Wildtiere blicken. Auch die Dall Schafe, die man oft per Fernglas an den Berghängen beobachten kann, waren nicht zu sehen. 

Wir entschieden uns dann spontan für eine kleine Wanderung auf dem Alpine Trail. Dieser startet am Savage River am Ende der öffentlichen Park Road und führt in die alpine Ebene. Wir wanderten nur einen kleinen Teil des Trails und erreichten nach ca. 45 Minuten unser Ziel. Ein Aussichtspunkt, den wir schon aus vorherigen Touren kannten und von dem man einen grandiosen Blick auf die Landschaft des Denali Nationalparks hat. Hier konnten wir auch einen kleinen „Pika“ beobachten. Die kleinen Tiere sehen aus wie Hamster, sind aber Pfeifhasen. Der Name kommt von den hohen Tönen, den die Tiere als Warn– und Erkennungssignal abgeben. Sie sind superschnell und witzig zu beobachten.

Als wir wieder am Van ankamen, beschlossen wir eine Kleinigkeit essen zu fahren. Außerdem besuchten wir 2 Giftshops und die „Three Bears Gallery“, um Adi die dort ausgestellten Bilder zu zeigen. Wir unterhielten uns währenddessen mit Eddie und Toni über viele Storys der Fotos. 

Da man, wenn man in der Gegend des Parks ist, so viel Zeit wie möglich dort in der Natur des Parks verbringen möchte, fuhren wir zum Sonnenuntergang erneut in den Park, um die Elche zu beobachten. Tatsächlich standen diese diesmal sogar auf der Straße direkt vor unserem Van und verursachten einen kurzen Stau. 

Am 06.09 begann dann der letzte volle Tag zusammen mit Adi. Nachdem wir ausgeschlafen hatten, räumten wir die Unterkunft auf und machten uns gegen Mittag auf den Weg zurück nach Fairbanks. Die zweistündige Fahrt ging schnell vorüber. In Fairbanks angekommen kauften wir noch ein paar Sachen für den Abend ein. Zurück bei unserem Freund Sven in der Cabin räumten wir den Van aus und verbrachten einen schönen, letzten Abend zusammen am Lagerfeuer. 

Am nächsten Morgen fuhren wir um 8 Uhr mit Ryan, einem Dog Musher, der sich um die Hunde kümmerte und in einer Cabin neben uns hauste, zu einem Schießstand. Er hatte mehrere Waffen, die wir schießen durften, bevor wir Adi zum Flughafen bringen mussten. Mehrere Pistolen, eine Pumpgun und ein halbautomatisches Sturmgewehr durften wir nutzen. In Deutschland sind die Waffengesetze zum Glück strikter als hier in den Staaten, denn hier darf Jedermann eine Waffe tragen und kaufen. Über dieses Thema kann man natürlich streiten und diskutieren, uns hat das Zielschießen aber Spaß gemacht! Vor allem das Sturmgewehr hatte einen enormen Rückstoß und wir waren dankbar für die Erfahrung. 

Um halb 10 Uhr machten wir uns dann auf den Weg zum Flughafen. Zeit Abschied zu nehmen. Der Abschied fiel schwerer als gedacht. Schon als wir Rosana und Dag, unseren ersten Besuch in Alaska, am Flughafen absetzten, machte sich etwas Heimweh bei uns breit. Nun, an Tag 94 unserer Reise, hatten wir dasselbe Gefühl. 

Wir waren super happy und dankbar, dass uns Adi im hohen Norden Alaskas besucht hat. In 10 gemeinsamen Tagen haben wir sehr viel gesehen und erlebt. Wir hatten Glück mit dem Wetter, haben wilde Tiere gesehen, hatten schöne Wanderungen, Nordlichter und Lagerfeuer. Eine extrem gelungene Zeit, zu der auch Adi im Anschluss ein paar Worte verlieren möchte. 

Viki und ich befinden uns noch immer in Fairbanks bei unseren Freunden Peggy, Torsten und Sven. In unserem nächsten und gleichzeitig letzten Blogbeitrag zu unserer Reise durch den Norden Amerikas, werden wir über unser Training mit den Schlittenhunden, den Wintereinbruch, die Nordlichter und das Leben in Alaska berichten. Vielleicht schreiben wir, mit etwas Abstand zur Reise, noch ein Fazit zu der Tour und dem Blog als letzten Beitrag. Das entscheiden wir dann spontan zuhause. 

Wie immer, vielen Dank fürs lesen und viele Grüße,

Viki & Max

FAZIT ADI:

1996 flog ich das erste Mal mit zwei Freunden nach Alaska. Wir fuhren bei dieser Tour über 3.300 Meilen mit einem gemieteten Wohnmobil durch Alaska und den Yukon und folgten dabei größtenteils den Tourenvorschlägen von Vista Point-Reisen, einer sehr detailliert beschriebenen Reise-Lektüre über diese Gegend.

Bei dieser Reise lernten wir Patty mit ihrem damaligen Lebensgefährten Kehl McKarl kennen, woraus sich im Laufe der Jahre eine feste Freundschaft entwickelte, die bis heute Bestand hat. 

Kehl war ‚King-Crab-Fischer‘ und war jedes Jahr über 3 Monate bei zum Teil widrigsten Bedingungen mit einem kleinen Kutter auf der Behring-See unterwegs. Da sie dort 36-Stunden-Schichten absolvieren mussten, schluckte die Crew leider regelmäßig diverse ‚Aufputschmittel‘.

Zu Hause kam immer mehr Alkohol hinzu, so dass sich Patty von ihm trennen musste. Patty lernte Jesse kennen, mit dem sie bis zu seinem Tod vor 2 Jahren zusammen war. 

Die Eindrücke, die ich bei dieser Tour sammeln konnte, ließen mich nicht mehr los und so folgten mehrere, weitere Touren mit dem Wohnmobil. Um das Land intensiver kennenzulernen, bauten wir damals schon Aufenthalte in einigen State Cabins in unsere Planung mit ein.  Die Touren wurden immer intensiver, bis ich auf die Idee kam, einen der vielen Wildflüsse in Alaska mit Faltbooten, sogenannten Ally’s zu befahren. Helena ließ mich gewähren und Max wuchs mit einem Vater auf, der immer wieder nach Alaska reisen musste. 

Der erste Fluss war der North Fork Koyukuk River, den wir von Coldfoot bis Bettles paddelten – es folgten der Alatna River, der Kobuk River, der Middle Fork Koyukuk River und schließlich nochmals der Alatna.

Neben den wunderschönen, unglaublich beeindruckenden Gegenden hatten wir Erlebnisse, die ich eines Tages mit in die ‚Kiste‘ nehmen werde.

Wir heulten mit Wölfen, badeten Ende August im Walker Lake (nördlich vom Polarkreis), fingen Lachse mit der Hand, hielten Nachtwache, da die Bärenaktivitäten aufgrund des Lachsruns sehr stark waren, bestiegen Berge auf denen vor uns ggfs. noch niemand war, genossen die Nordlichter, die Tier- und Pflanzenwelt, den American Way of Life mit den blubbernden 8-Zylinder Karren und den geradlinigen, einfachen Menschen, die ich gerne mit den Ruhrpöttlern vergleiche. Die Liste der positiven Ereignisse könnte ich nun ellenlang weiterführen.

Es gab natürlich auch sehr kritische, lebensbedrohliche Momente, wie z.B. Bärenbegegnungen, Kenterungen mit den Booten und die miesesten Wetterbedingungen, die ein Herausfliegen aus der Wildnis verhinderten. Oder aber der unsachgemäße Umgang mit Waffen, die wir für den ‚Fall der Fälle‘ mit uns trugen.

Ich denke, es ist dieses gesamte Paket, was jemanden in seinen Bann zieht – oder halt nicht. Für mich ist Alaska mehr als ein Reiseziel, es ist für mich wie ein Ventil geworden, welches in der Lage ist, mich komplett vom Alltagsstress zu befreien – ja, mich komplett zu ‚resetten‘. Sicherlich einer der schönsten, gewaltigsten Gegenden auf dieser Welt!

Wir lernten bei einer der Touren Sven kennen, als er mit Jamie, der Tochter des Besitzers von Bettles Air zusammen war und später das Hostel von GoNorth in Fairbanks übernahm. In sein Hostel kehrten wir quasi bei jeder Tour ein – es entwickelte sich ebenfalls eine feste Freundschaft. 

2017 nahm ich Max das erste Mal mit auf eine Alaska Tour. Dabei hatte es sich ergeben, dass wir beide die erste Nacht komplett alleine in unserem Zelt, inmitten der Wildnis übernachten mussten. Für mich und offensichtlich auch für den Max war es eins, wenn nicht das prägendste Ereignis bei all den Wildnis Touren – für Max bei seinem ersten Wildnis-Trip. Einerseits hatte ich nun wirklich alle Vorkehrungen getroffen, die diese Übernachtung absolut sicher machen sollten, andererseits erfüllte es mich mit unglaublichem Stolz, aber auch mit sehr viel Respekt – Stolz, dies mit meinem Sohn machen zu können, Respekt, was trotz aller getroffen Vorsichtsmaßnahmen passieren könnte. Am Ende der Reise hatten wir noch ein paar Tage für uns, die wir nutzten, um Dawson City und Kennicott zu besuchen.  

Max besuchte wenig später seinen besten Freund Maurice in Alaska und fuhr 2022 erneut mit auf eine sehr spezielle Wildnis-Tour.

Nun hat Max mit Viki eine Frau gefunden, die sich ebenfalls von den vielseitigen Facetten der nördlichen Hemisphären begeistern ließ. Nach Touren durch Skandinavien und Nordamerika steht nun der halbjährige ‚Ausstieg‘ nach Nordamerika fest. Wie toll ist das denn, dass unsere langjährigen Freundschaften mit Patty und Sven in Alaska Viki und Max nun mehr als behilflich sind, die Tour über diese lange Zeitspanne durchzuziehen.

Recht spontan ergibt sich dann doch für mich die Gelegenheit, die beiden für einige Tage besuchen zu können. Und so stehe ich am 27.08.2024 um 21:00 abends mit Tränen der Begeisterung vor ihnen. Sie empfangen mich am Airport Fairbanks mit einem riesigen, selbstgemalten Schild mit der Aufschrift ‚12th time in Alaska! Senior Adi is back‘ ….

Wir verbringen sehr intensive Tage, die mit Wanderungen, Tierbeobachtungen, Bergbesteigungen, Nordlichtern und Fahrten durch atemberaubende Gegenden gespickt sind. 

Wir mussten auf unseren Fahrten unendlich viele Stopps einlegen, um die bewältigenden Aussichten fotografieren zu können. Ich durfte erleben, wie harmonisch Ihr miteinander plant und umsetzt. 

Ich wurde somit Teil eines einmaligen Ereignisses – des Ereignisses. Es ist ein Ereignis, welches ja immer noch Bestand hat und welches Euch keiner nehmen kann. Ich bin mir sehr sicher, dass dies Eure Einstellung zum Leben verändern wird. Verändert hat. 

Ich für meinen Teil habe/hatte eigentlich ‚nur noch‘ ein Ziel in Alaska: eine Wanderung vom Circle Lake zum Walker Lake – oder ähnlich, denn diese Art, Alaska einzuatmen, nämlich ‚per Pedes‘ fehlt mir noch.

Ziele wie Island, Patagonien reizen mich bereits seit längerem enorm. Doch wer weiß was die Zukunft bringt und ich relativiere hiermit meine Aussage, sonst nicht mehr nach Alaska zu reisen. Wer weiß, was kommt….

Ich bin sehr stolz, sehr glücklich, diese unglaublich beeindruckende Reise mit Euch gemacht haben zu dürfen. Danke, danke, danke und weiterhin viele solcher tollen Momente.

Es drückt Euch der Adi

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Helmut Ernst

    Herzlichen Dank für Euren spannenden Bericht und die atemberaubenden Fotos der Landschaft, der Tiere und der Nordlichter.
    Auch dir Adi, danke ich für deinen Bericht und beglückwünsche dich zu deinem Sohn und deiner Schwiegertochter, die deine Liebe und Begeisterung für Alaska, mit dir so begeistert teilen.
    Für den letzten Abschnitt eurer Abenteuerreise, alles erdenklich Gute und Gottes Segen.

  2. Adi

    Vielen lieben Dank Viki und Max für den tollen Bericht und die grandiosen Bilder – ich freue mich bereits auf das Finale und natürlich auf den 26.11., wo Ihr hoffentlich wieder gesund hier in der Heimat ankommen werdet. Helmut, Dir auch vielen Dank für Deinen netten Beitrag

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